Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts: Die Mahnschreiben des Rundfunks mit den darin genannten Mahngebühren sind kein Verwaltungsakt, weshalb es an einem Verwaltungsakt fehlt, mit dem Mahngebühren gefordert werden bzw. der zur Zahlung von Mahngebühren verpflichtet.

In den Schreiben „Mahnung“ der Rundfunkanstalten sind stets Mahngebühren genannt. Auch in den Vollstreckungsersuchen sind Mahngebühren genannt. Da die Mahngebühren betragsmäßig in den an die Vollstreckungsbehörden gesandten Vollstreckungsersuchen genannt sind, fließen auch die Beträge der Mahngebühren (neben dem „Rundfunkbeitrag“ und den Säumniszuschlägen) in die von den Vollstreckungsbehörden erstellten Vollstreckungsankündigungen und Pfändungsverfügungen ein – entweder sind sie ausdrücklich als Mahngebühren benannt oder sie sind nicht ausdrücklich genannt und nur in einem Gesamtbetrag enthalten, der sich aus dem „Rundfunkbeitrag“, den Säumniszuschlägen und den Mahngebühren zusammensetzt.

Hier geht es um folgenden Fall: Die Stadt Norderstedt führte eine Kontopfändung durch. In der Pfändungsverfügung heißt es u. a. „Mahngebühren ers. Behörde“. Ein Leistungsbescheid, mit dem eventuelle Mahngebühren festgesetzt bzw. angefordert worden sein könnten, ist in der Pfändungsverfügung nicht genannt.
Mit Hilfe von Rechtsanwalt Thorsten Bölck aus Quickborn legte der betroffene Bürger Widerspruch gegen die Pfändung ein und stellte beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.

Der Rechtsweg hatte Erfolg. Mit Beschluss vom 01.08.2018 in 4 B 46/18 gab das Verwaltungsgericht dem Bürger Recht. Der beigeladene NDR legte gegen den Beschluss keine Beschwerde ein, so dass der Beschluss seit dem 21.08.2018 rechtskräftig ist.

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Mahnschreiben keine Maßnahme einer Behörde sind, weil es in der Schlussformel heißt „Ihr Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio“. Die nichtrechtsfähige Verwaltungsgemeinschaft „Beitragsservice“ ist bekanntlich keine Behörde.

Außerdem haben die Mahnschreiben keine Regelungswirkung, weil in ihnen keine deutliche Trennung zwischen „den bereits festgesetzten Rundfunkbeiträgen“ und den erstmalig geltend gemachten Mahngebühren erfolgt.

In den Mahnschreiben wird lediglich eine Leistungspflicht des Gemahnten – also die Pflicht zur Leistung von „Rundfunkbeiträgen“– wiederholt, ohne dass eine erstmalige Regelung zur Zahlung von Mahngebühren erfolgt.

Auch die Tatsache, dass die Mahnschreiben weder als Bescheid (der hier ein Mahngebührenleistungsbescheid sein müsste) bezeichnet werden noch eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, spricht dafür, dass sie kein Verwaltungsakt sind.

Sofern am Ende eines Mahnschreibens eine Tabelle eingefügt ist, ist auch dieses keine Regelung, sondern klärt lediglich über die Zusammensetzung des zuvor Genannten auf.

Weil die Mahnschreiben kein Verwaltungsakt sind, dürfen sie wegen der darin genannten Mahngebühren nicht vollstreckt werden. Denn es fehlt an der Vollstreckungsvoraussetzung eines Verwaltungsaktes. Nur wenn ein Verwaltungsakt vorliegt, darf vollstreckt werden. Ohne den Erlass eines Verwaltungsaktes, in dem die Zahlung eines Geldbetrages festgelegt wird, darf ein Geldbetrag nicht vollstreckt werden. Gegen dieses Verbot verstoßen die Rundfunkanstalten. Sie fordern in ihren Mahnschreiben Mahngebühren, übernehmen die Mahngebühren in die Vollstreckungsersuchen und lassen die Mahngebühren auf diese Weise vollstrecken, ohne dass es einen Mahngebührenleistungsbescheid gibt.

Auf diese Weise haben die Rundfunkanstalten seit 2013 in bestimmt wohl vielen hunderttausenden Fällen ihre Amtspflicht verletzt, dass ein Geldbetrag (hier: Mahngebühren) nur dann vollstreckt werden darf, wenn die Pflicht zur Zahlung dieses Geldbetrages in einem Verwaltungsakt festgelegt wurde. Durch diese Amtspflichtverletzungen haben sich die Rundfunkanstalten gegenüber den von ihnen geschädigten Bürgern, von denen sie die Zahlung von Mahngebühren – sei es freiwillig aufgrund einer Mahnung oder im Vollstreckungswege – erlangten, schadensersatzpflichtig gemacht. Der Schaden, den die Bürger erlitten haben, dürfte für die gesamte Zeit seit 2013 sicher mehrere Hunderttausend Euro betragen – das ist ein unerträglicher Zustand! In Höhe dieses Betrages haben sich die Rundfunkanstalten zugleich ungerechtfertigt bereichert. Dieses ist ein Fall für die von den Ländern ausgeübte Rechtsaufsicht über die Rundfunkanstalten. Denn bei dem vom Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht für rechtswidrig befundenen Procedere handelt es sich um Rechtsverstöße der Rundfunkanstalten, auf die mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen der dafür zuständigen Landesorgane reagiert werden muss. Das Verhalten der Rundfunkanstalten darf nicht folgenlos bleiben. Die Politik muss tätig werden. Alle Betroffenen sind aufgerufen, sich an die entsprechenden Regierungsorgane der Länder zu wenden und ein aufsichtsbehördliches Einschreiten gegen die jeweilige Rundfunkanstalt zu fordern und um eine Erklärung zu bitten, wie es politisch möglich ist, das so etwas überhaupt passieren kann (hat die Rechtsaufsicht über die Rundfunkanstalten versagt?). Die Bürger warten auf eine politisch überzeugende Erklärung der Verantwortlichen.

Was bedeutet diese Rechtslage für die Praxis?

Wenn in einer Vollstreckungsankündigung der Vollstreckungsbehörde betragsmäßig Mahngebühren enthalten sind, ist die angedrohte Vollstreckung wegen der nicht vollstreckbaren Mahngebühren rechtswidrig. Eine rechtswidrige Vollstreckung ist zu unterlassen. Dieses kann mit dem öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch gegenüber der Vollstreckungsbehörde durchgesetzt werden.

Wenn es zu einer Pfändungsmaßnahme gekommen ist, in der betragsmäßig Mahngebühren enthalten sind, muss die Pfändung mit dem gegen sie gegebenen Rechtsbehelf angefochten werden.

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