(Lesen Sie auch: Grundversorgung im 21. Jahrhundert)
Grundversorgung 1986 vom Bundesverfassungsgericht in seinem »Niedersachsenurteil« geprägter und in den folgenden Entscheidungen des höchsten deutschen Gerichts weiter erläuterter Begriff zur Beschreibung der Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Grundversorgung umfasst »die essentiellen Funktionen des Rundfunks für die demokratische Ordnung ebenso wie für das kulturelle Leben in der Bundesrepublik. Darin finden der öffentlich-rechtliche Rundfunk und seine besondere Eigenart ihre Rechtfertigung«. Grundversorgung ist eindeutig nicht als Minimalversorgung zu verstehen, sondern schließt die gesamten Programmangebote in den Bereichen Bildung, Information und Unterhaltung ein, bestätigt damit den umfassenden »klassische(n) Auftrag« der Rundfunkanstalten.
Der Begriff der Grundversorgung ist zudem gegenständlich und zeitlich offen sowie dynamisch. Er ist damit eng gekoppelt an die – ebenfalls vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochene – Bestands- und Entwicklungsgarantie, nach der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk alle programmlichen und technischen Weiterentwicklungsmöglichkeiten, insbesondere zur Erfüllung des Grundversorgungsauftrags, offen stehen.
Kommentar:
Das ist eine typische deutsche Rechtsprechung, die als Freibrief verstanden werden muss. Hier werden dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk keine wirklichen Grenzen aufgezeigt, sondern genau das Gegenteil: Er darf alles, von der Bildung bis hin zur reinen Unterhaltung und dieser nicht näher definierte "Auftrag" ist zudem "dynamisch" wie auch gegenständlich und zeitlich offen. Als ob das nicht genug wäre, wird ihm eine Bestands- und Entwicklungsgarantie gewährt, nach der er alle programmlichen und technischen Weiterentwicklungsmöglichkeiten offen stehen.
Darf der Gesetzgeber überhaupt solche "Freischeine" ausstellen, die schließlich zu der heutigen Situation geführt haben, in der der öffentlich-rechtliche Rundfunk ab 2013 mit 10 Milliarden EUR finanziert werden muss? Diese Richter, die schon damals ein gewisses Alter hatten, konnten unmöglich die Entwicklung in der Informationstechnologie voraussehen, denn damals erblickten erst die ersten privaten Sender das Licht der Öffentlichkeit und das Internet – wie wir es kennen – war noch gar nicht erfunden. Ich würde gerne wissen, ob Gesetze, die unmöglich grundlegende Entwicklungen voraussehen konnten, trotzdem nichts an ihrer Gültigkeit verlieren, wenn die Welt sich entschieden verändert hat und die Rahmenbedingungen vollkommen anders sind.